6,4 Milliarden
Die Amerikanerin Jammie T. wurde kürzlich dazu verdonnert, 1.920.000 $ an die amerikanische Musikindustrie zu zahlen, 80.000$ für jeden der 24 Songs, deren öffentlichen Anbietens im Kazaa-Client ihr nachgewiesen wurden. [Heise, Golem]Zunächst mal ist natürlich klar, dass das Anbieten illegal war. Sicherlich ist es berechtigt, J. dafür zu bestrafen. Was könnte eine angemessene Strafe dafür sein? 24 Stockhiebe? Wohl eher nicht, wir leben in einer zivilisierten Welt. Also Geld. Wonach richtet sich die Höhe der Geldstrafe?
Laut US-amerikanischen Gesetz (proudly present by the Lobby of Unterhaltungsindustrie) bis zu 150.000$. Pro Musikdatei.
Ist das angemessen? Lass mich mal nachrechnen:
1 Song kostet durchschnittlich 99 Cent, also in J.s Fall zahlt sie den 80.000 fachen Preis. Ok, sie hat ihn weiterverbreitet, andere partizipierten kostenlos an diesem Song. So ungefähr 80.000 Kazaa-Nutzer, könnte man nach der veranschlagten Summe pro Song meinen. Also 80.000 andere Nutzer haben diesen Song demzufolge in ihren Kazaa-Ordner geladen, von wo er wieder im Netz angeboten wird. 80.000 potentielle Personen, die theoretisch von der Musikindustrie auf Schadensersatz in Höhe von 80.000 Dollar pro Song verklagt werden könnten, wenn man der Logik folgt und eine zweite Download-Welle unterstellt.
Ich rechne mal weiter: 80.000 Leute haben den Song im Angebot via Kazaa, also muss man MI-logischerweise davon ausgehen, dass 80.000 weitere User pro Kazaaangebot der Musikindustrie schaden könnten/werden. Summasummarum 6.400.000.000 Menschen, theoretische 6,4 Milliarden mögliche Prozessgegner der Musikindustrie. Ach, Stop mal, sind das nicht ungefähr alle Menschen auf der Erde? Junge, Alte, Gehörlose, Menschen ohne Computer oder Internetanschluss eingeschlossen.
6,4 Milliarden Dollar (zirka), die der Musikindustrie verloren gehen. Pro Song. MI-Logik at it best. Besser kann man Lieder, die mit 150.000 verkauften Singles schon 'ne 'Goldene Schallplatte' bekommen (und es gibt da so viel mehr Müll, da könnten die Herren ein paar CDRs brennen, um den Hörbedarf zu decken), nicht in harte Dollar umwandeln. Wenn die MI-Leute konsequent wären, würden Sie den eigenen Vertrieb einstellen, der ist viel zu unprofitabel. Klagen bringt einfach mehr.
Nochmal: es geht nicht um das ob, sondern um das wieviel. Viel zu viel.
Kann es sein, dass 1.920.000 mal ein Song (wenn man von 1 Dollar pro Song ausgeht) von Jammies Festplatte gesaugt wurde? Bei angenommenen 3 Megabyte pro Song sind das 5.760.000 Megabyte, also ungefahr 5.760 Gigabyte oder 5,76 Terrabyte. 5,76 TB durch eine Leitung zu saugen (angenommener Upstream 384kBit/s) dauert ungefähr 4 Jahre (120000000 Sekunden =33333Stunden =1388Tage =3,8 Jahre). 4 Jahre eine verstopfte Leitung, 24 Stunden am Tag laufender Rechner, 4 Jahre Uptime, vom letzteren träumt so mancher Sysadmin. Und jetzt stell dir mal vor, da ist die eine oder andere Maxiversion dabei.
Vieles ist noch gar nicht berücksichtigt: die Serverkosten der rechtmäßigen Anbieter sind für legale Downloads nicht entstanden, Kosten für den Transfer sind nicht entstanden, keine Kosten für zusätzliche Hardware (6,4 Mrd. Downloads!), Marketingkosten gespart (welche Kampagne erreicht schon 6,4 Milliarden Menschen?)
Die Rechnung ist nicht real? Möglich, aber bestimmt nicht weniger surreal als die Höhe der Forderung an Jammie.
Ich schäme mich als denkender Mensch für diese habgierige Bande.
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