19
Dez
2007
AlexZ
Abgelegt unter:

Prokrasti... verdammt noch mal!

Ich habe heute ein neues Wort gelernt. Ein Wort, was ich weder auf Anhieb sprechen, geschweige denn schreiben kann. Es heisst:

PROKRASTINATION

und es meint das, und zwar genau das, was ich gerade tue... bzw. nicht tue. Bevor ich gleich meine Bude grundreinige, muss ich noch schnell diesen Eintrag schreiben, mich aber dabei beeilen, denn nachher kommt im TV noch meine Lieblingsserie, die Blumen... ja die Blumen wollen ja auch noch... naja, morgen geht ja auch noch.

Der komplette erste Absatz (mit wenigen Abstrichen) eines Artikels von Sascha Lobo bezüglich seines neuen Buches, der hier zu lesen ist, ja der ist doch direkt aus meinem Kopf entnommen. Ich habe gar nicht gemerkt, dass mich jemand so genau beobachtet hat?

Es gibt sicherlich Leute, die unangenehme Sachen sofort erledigen, damit sie das dann hinter sich haben, und es gibt Leute, die lassen sich damit Zeit. Machen erstmal die wichtigen Sachen, danach dann die Unangenehmen, oder fangen schon mal mit dem 1000stel Schnipselchen davon an, vielleicht löst sich das Problem ja von selbst auf wunderbare Weise.

Diese wunderbare Weise kommt öfter vor, als man annehmen sollte, und ab und an auch unerwartet.

Ein Beispiel: vor einigen Jahren hatte mein Auto leichte Ausfallerscheinungen, was das entriegeln der Fahrertür betrifft, wenn man den Schlüssel richtig herum im Schloss bewegte. Ich lebte einige Zeit lieber umständlich (Rumlaufen, Beifahrertür aufschließen, Fahrerrür entriegeln, rumlaufen einsteigen), als einfach mal zur Werkstatt zu fahren und die Jungs das mal klären zu lassen. Und, ich fasste es ja selber kaum, eines Tages ging das Schloss wieder. Einfach so. [Übrigens scheint das aussitzen von Problemen an italienischen Autos überdurchschnittlich von Erfolg gekröhnt zu sein.]

Ich "prokrastiniere" sogar beim zu Bett gehen, und schwöre mir jedes Mal am nächsten Morgen - wenn der Wecker vier mal gesnoozt hat - am Abend eher schlafen zu gehen. Es bleibt beim Vorsatz.

Aber wenn ich so überlege, diese Verhaltensauffälligkeit begleitet mich schon mein ganzes Leben. Zum Beispiel habe ich sehr oft Hausaufgaben erst morgens im Bus gemacht, oder sogar in der Schulstunde vorher. Einmal war ein Gedicht zu lernen, bei dem jeder Schüler in der Deutschstunde dann dran kam. Glücklicherweise sortierte der Lehrer die Vortragenden nach dem Klassenbuch, und da ich aufgrund meines Nachnamens erst sehr spät an der Reihe war, hatte ich noch genügend Zeit, wenigstens die erste Strophe zu lernen, während die Mitschüler mit unvorteilhaft früh im Alphabet auftauchenden Anfangsbuchstaben ihres Nachnamens schon einer nach dem anderen vor der Klasse rezitierten. In diesem einem speziellen Fall trug ich dann die erste Strophe so ausdrucksstark vor, dass auch nach der ersten Strophe mein Vortrag unterbrochen wurde, damit die zwei Mitschüler nach mir auch noch Zeit hatten, ihr Lernvermögen unter Beweis zu stellen, was mir eine fette "Eins" einbrachte. Klappte aber auch nur, da ich zensurendurchschnittlich vordere Ränge belegte.

Aufschieben ist natürlich eher zweischneidig. Was man aber durchaus dabei lernt, ist, unter (Zeit-)Druck arbeiten zu können - das Ergebnis würde vielleicht besser sein, wenn man rechtzeitig angefangen hätte - aber he, ich konnte wenigsten noch zwei drei andere Sachen mehr in der gleichen Zeit erledigen.