Vertreter haben's schwer
Penetrante Vertreter für nützliche Haushaltsdinge oder für dämlichen Krimskrams, die mir meine Zeit stehlen, obwohl ich kaufunlustig bin und das zeige, haben es schwer, bei mir einen Hit zu landen. Nicht zuletzt deshalb, weil ich der Taler chronisch zu wenige habe.
Gestern war es also mal wieder so weit. Ich sitze im Büro, dessen Türen ob des Besucherverkehrs offen stehen, damit auch der letzte Kunde leicht zu mir findet. Es ist dreieinhalb Minuten vor Büroschluss und ich gehe schon mal meine Einkaufsliste in Gedanken durch, weil diese gleich nach der Arbeit Anwendung finden soll.
Da sehe ich aus den Augenwinkeln, wie ein Typ mit Koffer [großer Koffer] in der Hand, ziemlich forsch und einem Grinsen im Gesicht auf mich zu kommt, mir die Hand reichen will [eigentlich unüblich hier, klappt auch nicht so richtig] und anfängt, mich zuzutexten mit belanglosem Zeugs [Smalltalk?]
Ich setze meine interessierteste Miene auf, die ich kurz vor Feierabend noch zustande bringe und lasse ihn erzählen. Außerdem räume ich bereits meinen Schreibtisch auf und fahre den Computer runter. Gleichzeitig schiele ich auf das Logo am Koffer, um rauszufinden, von welcher Firma er ist, um die ganze Sache abzukürzen.
Aha, der Herr vertreibt Bodenreinigungsgeräte im oberen Preissegment.
"Aber nicht nur das, unsere Produktpalette umfasst ... [blablabla] ...", antwortet er auf meinen Einwand, dass ich längst gut versorgt sei und meiner außerdem unglaublich viel Power hätte... Ich bin einfach zu nett! Gute Erziehung halt.
Da ich ihn bis jetzt nicht abgewimmelt (oder angeschrien oder getreten und skalpiert) habe, läuft er zur Höchstform auf und preist sein Zeugs an, das mir die Ohren glühen.
Ich lasse ihn deutlich mein Desinteresse spüren, indem ich ihn in die Augen schaue und versuche, Staubsauger-Geräusche mit dem Mund zu machen. Jedoch habe ich ihn noch nicht eindringlich gebeten zu gehen - sagte ich schon, das ich ein netter Mensch bin? Wahrscheinlich ist das Signal für ihn, das ich doch kaufwillig bin.
Jetzt fängt er an, detailliert meine Reinigungsgewohnheiten nachzufragen. Da ich nun auch noch antworten soll, tue ich das und sage:
"Vielen Dank für diese wirklich nette Repräsentation, aber ich werde niemals und unter keinen Umstanden Ihnen oder sonst irgend jemanden an ihrer Stelle irgendetwas abkaufen. Sie müehen sich vergebens.Auf Wiedersehen!"
Hat nicht gewirkt. Vielleicht hätte ich es lauter sagen sollen, so mit 130dB?
Weil er schon so viel Zeit in mich investiert hat, ignoriert er meine Antwort, greift mit einer Hand ins Jacket und zaubert eine kleine Tüte hervor und ich ahne schon, was jetzt kommt: In der Tüte ist reinster Dreck, mit dem er mein Büro einsauen will, und das, nachdem er meine Arbeitszeit eh schon überzogen hat.
Mir wächst ein irres Grinsen aus dem Gesicht.
"Stop! Wenn sie das jetzt auskippen, dann lauf ich Amok. ICH-BIN-NICHT-INTERESSIERT!" Mittlerweile stehe ich ihm gegenüber, der einzige freie Weg für ihn ist jetzt nur der rückwärts aus dem Raum.
Er zögert kurz, überlegt, und steckt die Tüte wieder ein.
"Wissen sie, ob von den anderen Mietern im Haus noch jemand..."
Arrrgh!
Ich grabsche nach seinen Koffer, aber erkommt mir zuvor und bewegt sich, irgendetwas belangloses sagend, zum Ausgang.
Danke! Nächstesmal auch nicht! Tschüß!