Rezension: Cory Doctorows "Little brother" auf deutsch und unter CC-Lizenz
Vor zwei Tagen wurde ich durch einen Spreeblick-Artikel auf Christians Übersetzung in's Deutsche des Doctorow-Buches "Little brother" aufmerksam gemacht.
Ich habe das Buch "gesaugt" und innerhalb von 2 Tagen Nächten auf meinem Netbook durchgearbeitetlesen. Auf jeden Fall muss ich sagen: es war ein Vergnügen!
Als Fan der Science-fiction-Gattung mag ich die Art von Themen, die in einem riesengroßen Universums der Fiktionen, welches nur durch die eigene Vorstellungskraft begrenzt wir, spielen und so ständig interessant bleiben.
Christian Wöhrl möchte ich für die Arbeit danken, die er in die deutsche Übersetzung gesteckt hat, so dass ich als Fremdsprachlegasteniker auch an englischen Erzählungen partizipeiren kann. Die Rezension richtet sich daher auch nur mittelbar an Christian, eigentlich geht es um die ursprüngliche Geschichte.
Kurz zum Inhalt: Marcus Yallow, ein siebzehnjähriger Schüler, wird Opfer des Machtmissbrauches und Überwachungswahns im fiktiven San Francisco in den USA und wird aufgrund dieser Erfahrung zum Helden wider Willen im Kampf gegen eben jene Unzulänglichkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung.
Keine Ahnung, ob ein unbedarfter Leser, der mit Internet, Netzwerken und Sicherheit nur am Rande als Nutzer den technischen Ausführungen folgen kann und will, ist schwer zu sagen, mich als kleinen Nerd spricht die Geschichte voll an und ständig musste ich mir ins Gedächtnis rufen, dass es sich hier um eine Fiktion handelt, so sind doch alle beschriebenen Begegebenheiten heutzutage vorstellbar und man fragt sich sogar, ob sowas nicht schon längst passiert ist und es handelt sich hier um einen etwas verdrehten Tatsachen bericht.
Im Buch wird dargestellt, wie einfach es ist, als jemand, der doch eigentlich nichts zu verbergen hat, unter die Räder des Überwachungswahns kommen kann, man muss nur zur falschen Zeit am falschen Ort sein. Die Erkenntni ist nicht neu, wird hier aber wunderbar vorgeführt.
So ein Überwachungssystem existiert ja nicht im leeren Raum, es ist selbst wieder der Beginn einer Kausalkette in deren Verlauf sich Menschen ändern: Menschen, die sich anpassen, Menschen die es nicht tun. Und so gebiert jede Diktatur (hier: Der Überwacher) auch Individuen, die dagegen ankämpfen, ihrer Freiheit beraubt zu werden, und sei es die Freiheit, informell selbstbestimmt zu leben.
Marcus wird in dieser Welt zum Helden, ohne einer werden zu wollen, weil er sich widersetzt und handelt, andererseits damit zum Vorbild für andere wird. Ging es ihm anfangs nur um seine persönliche Freiheit und sein dadurch motivierter "Umgehorsam", wird er sich später bewusst, dass er auch Verantwortung trägt für andere, die ihm nacheifern. Schließlich erkennt er, dass er zum Nachteil seines eigenen Lebens sein Handeln darauf ausrichtet, und eben nicht primär an seinen eigenen Vorteil denkt.
Und das ist alles so spannend aufgeschrieben, dass ich mich zwingen musste, nicht die Nacht durchzulesen.
Die Hauptfiguren des Romans, allen voran Marcus, aber auch Ange, Marcus' Eltern und einige andere, sind recht gut ausgearbeitet und lassen Profil erkennen.Noch besser wurden meiner meinung nach jedoch die technischen Zusammenhänge aufbereitet,zum Beispiel Verschlüsselungsalgorithmen, Netzwerkprotokolle oder die Arbeitsweise von DNS-Servern.
Alles in allem ist das Buch eine runde und in sich passende Geschichte, mit einigen Schwächen.Mein Hauptkritikpunkt ist die durchgehend negativ dargestellte Seite des Heimatschutzministeriums. Das mag zwar zur Bildung einer düsteren Atmosphäre in dieser Geschichte passen, ist aber keineswegs glaubwürdig dargestellt, denn das sogenannte DHS ist ja bestimmt kein Sammelbecken für schlechte Menschen. Dass am Ende die Methodendieser Behörde fragwürdig sind, möchte ich nicht bestreiten, aber so eindeutig gut und böse zu verteilengab der ganzen Sache dann doch was Märchen-Ähnliches.
Vier, fünf kleine Schreibfehler sind mir auch aufgefallen,was nicht weiter schlimm ist. Allerdings konnte ich mit manchen Wörtern, wahrscheinlich aus regionlem Diaekt entsprungen, nur im Zusammenhang erfassen, zum Beispiel "stratzen"?
Abschließend möchte ich mich bei Christian nochmal für die Übersetzung bedanken, ich hätte das so nicht hinbekommen, und seine Arbeit hat mir vor allem einige schöne Lesestunden gebracht.
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23. Juli 2009
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