Arbeitswelt
Was heißt es eigentlich heut zu Tage alleinstehend mit Kind zu sein?
Es heißt, das du in einem normal bezahlten Job, ackerst wie ein Gaul um mit wenig Geld nach Hause zu gehen.
Jeden Morgen um fünf klingelt mein Wecker, na gut aufstehen ist erst gegen halb sechs angesagt, zu wissen wie ich heiße erscheint mir jeden Morgen als wichtig, also Wachwerden-Phase etwas verlängern. Erstmal einen Kaffee kochen, dann die Brote für das Kind fertig machen um anschließend Körperpflege zu betreiben und das mit Ruhe. Gegen viertel sieben, für unsere westdeutschen Brüder und Schwestern viertel nach sechs, Kind wecken, Frühstück essen bzw. Milch trinken, waschen anziehen und dann los rasen zur KITA.
Nun kann ich froh und dankbar dafür sein, das ich erstens einen KITA-Platz habe und zweitens das diese von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends geöffnet hat.
Im Schnellverfahren mit vielen Küsschen und Umarmungen verbunden liefere ich mein Kind wie ein Eilpaket ab, um dann schnellstmöglich Richtung Arbeit zu fahren.
36km, eine Strecke im morgendlichen Berufsverkehr. HILFE!
Gegen acht komme ich eingeflogen, wie meine lieben Kollegen immer zu sagen pflegen und sitze noch nicht ganz auf meinem eingesessenen Sessel, um die ersten Katastrophenmeldungen entgegen zu nehmen. Nochmal HILFE! Kann ich wenigstens noch den PC hochfahren um mich über die aktuelle Situation zu informieren?
Und manchmal so scheint es, ist der Wurm drin, die Anzahl der Mitarbeiter hat sich so eben um einen verringert.
Wir schreiben also von ehemals sechs Facharbeiter und drei Azubis in die vorhandene Anwesenheitsliste, man sagt auch Dienstplan dazu, 3 Facharbeiter anwesend und zwei Azubis, wobei ich eigentlich gar nicht in diese Abteilung mit rein gezählt werde.
Schichtplan umstellen und das dritte Mal HILFE schreien am heutigen Tage, da habe ich die Hilfeschreie im Zusammenhang mit meinem Kind noch gar nicht mitgezählt.
Nun ist dies ja nicht alles. Von allen anwesenden Facharbeitern ist keine Vorgesetze mehr da, denn ich bin, wie bereits oben erwähnt, eigentlich gar nicht dieser Abteilung zugehörig.
Ok.., keine Chefin da, aber auch keine Stellvertreterin...
Also werden kurzerhand die Probleme umgewälzt, ich finde mich in der Position wieder für alles gerade zu stehen, wälze Problemfälle hin-und her und werde vom Hoteldirektor dazu angehalten fehlerfrei zu arbeiten.
Habe ich gerade einen Hörschaden oder befinde ich mich im ersten fehlerfrei arbeitenden Büro, unter Berücksichtigung des Personalmangels, in Deutschland wieder?
Der Kopf raucht, ich finde Zeit für einen Kaffee und ein Raucherpäuschen und beschließe wie fast jeden Tag die Mittagspause ausfallen zu lassen, um den Berg an Arbeit zu erledigen.
Administrative Aufgaben haben mir noch nie gelegen, scheint wohl am Sternzeichen zu liegen, Wassermann. Wohl oder übel muss allerdings auch dies abgearbeitet werden, wer soll es sonst tun, leider keiner mehr da, wohin ich diese Aufgaben abgeben kann.
Zwischendurch bleibt die Zeit, ich glaube wir reden von ca. 4 oder 5x2 Minuten, um das Privatleben wenigstens per Mail aufrecht zu erhalten, der Fernbeziehung sei Dank. Das ist doof!
Mit jedem Tag zittere ich mich durch den Dienstplan, stelle um, streiche freie Tage, schreibe Gutstunden in der Hoffnung, irgendwann bekommen alle noch anwesenden Mitarbeiter, einschließlich mir alles zurück.
Das fest eingeplante Wochenende bei meinen Eltern mit Kind einschließlich Vorstellen des neuen Mannes in meinem Leben scheint zu kippen. Ich muss handeln und zwar schnell. Panik! Nein, bitte nicht arbeiten müssen. Ich brauche dringend eine Lösung.
Also wird kurzerhand aus einem Dienstbeginn um acht, ein Dienstbeginn um sieben, ab Montag wird dies jeden Tag so sein, das Wochenende arbeiten wir durch, um dann noch die Woche vor Ostern mit ranzuhängen. Ein Halleluja, ich habe Arbeit, da kann man doch froh sein heutzutage, die Mutterrolle habe ich so eben abgelegt. Aber um welchen Preis?
Die Frage stellt sich mir: Wie sehe ich nach fast 14 Tagen durcharbeiten aus? Wie wird mein Kind das alles verkraften? Wie ich? Wahrscheinlich nervlich total am Ende. Tolle Aussichten für ein entspanntes Osterfest, wobei auch dies in weite Ferne zu rücken scheint.
Die Gedanken kreisen um mein Kind, noch zeitiger aufstehen, aber die Uhrzeit der Abholung bleibt, armes Kind, totunglückliche Mama...
Nun bin ich ja nicht so gestrickt, das ich meine, ich mach auf Arbeit mein Ding, gehe dann nach Hause und denke, nach mir die Sinflut.
Nein, ein gewisser Ehrgeiz wurde wieder entdeckt, nur ist dieser mit meiner Rolle als alleinstehende Mutter nicht kompatibel.
Der Konflikt spielt sich zwischen dem Herzen, welches für das Kind schlägt, und dem Kopf, welcher die Arbeit sieht und die fehlenden Mitarbeiter, ab.
Jeden Tag das selbe Spiel, eine Änderung ist nicht abzusehen, da sich die Krankheiten aus Unfällen und Rückenleiden zusammensetzen, alles Gebrechen, die sich nicht von heute auf Morgen in Wohlgefallen auflösen.
Vollkommen abgehetzt erscheine ich am Abend in der KITA. Die Nase meines kleinen Fratzes läuft und meine Stoßgebete schicke ich zum Himmel. Oder ist es doch der liebe Gott?
Bitte lass das Kind nicht krank werden. Im Kopf gehe ich alle homäophatischen Mittel schon durch, um dem Ganzen vorzubeugen.
Ich frage mich, wohin verkaufe ich das Kind im Krankheitsfall, mein Nervenkostüm schraubt sich immer weiter abwärts und mein Sohn fragt mich, wieso ich soviel arbeiten gehe, denn wenn ich soviel arbeiten gehe, dann muss ich ja ne Menge Taler mit nach Hause bringen. Festgehalt knalle ich ihm entgegen. Verstanden hat er es nicht. Ich verstehe es ja manchmal auch nicht.
Ich könnte mich in die Ecke stellen und heulen. Was tue ich meinem Kind an?
Wie wird es sich auf ihn im späteren Leben auswirken, wenn für meinen kleinen Mann heute schon die Arbeit ein Graul ist, weil seine Mama kaum da ist?
Total abgespannt komme ich nach Hause, erstmal einen Kaffee, um dann die nächste Runde zu bestreiten.
Kind ausziehen, am besten irgendwo zwischen parken, Haushalt erledigen, Abendessen machen...
Wo bleibt die Zeit für Spiel und Spaß? Aber eigentlich habe ich auch gar keinen Bock, zu viele Gedanken drehen sich noch um die Arbeit.
Fernseher an oder nicht? Gute Frage, nächste Frage. Doch muss ich sagen, ich danke demjenigen der diesen erfunden hat, genauso wie den DVD-Player.
Ja, es tut mir Leid, mir und euch allen eingestehen zu müssen, des öfteren ist dies eine gute Lösung um etwas Ruhe zu finden.
Ist das gerecht gegenüber dem Kind? Werde ich ihm gerecht? Erziehe ich einen Stubenhocker und eine Fernseheule heran? Wird mein Kind verblöden? Wie viel Werbung läuft nebenbei...
Ohne Schleichwerbung betreiben zu wollen, ein aktuelles Wort:
actimellisiert. Kommt euch das bekannt vor? Ja? Zu viel Fernsehen würden einige sagen, eine gute Mittellösung sage ich, auch wenn ich weiß, das ich mich mit dieser Antwort belüge. Nein tief in meinem Inneren weiß ich, es ist nur eine Notlösung, die bequemste Lösung für mich.
Manchmal da frage ich mich: Hey, wo bleibe ich? In Anbetracht des vorhandenen Kindes steckt man ja schon oft zurück, ohne Vorwurf, doch die eigene Zeit kommt einfach zu kurz.
Die Abschaltphasen werden immer kürzer, denn der Haushalt möchte gemacht sein, also so ab ca. acht Uhr abends wird geputzt, gewaschen, vorbereitet, damit dann gegen halb zehn alles blinkt.
Gut für das Gewissen und den Eindruck nach außen hin, denn wenn wir mal Besuch überraschend bekommen sollten, möchte ich mich nicht schämen müssen.
Wann hatten wir eigentlich das letzte Mal Besuch? Wann war meine beste Freundin mit Ihrem Kind eigentlich mal bei uns?
Zeit heißt das Zauberwort.
Nun sage mir jemand: Hat man abends um halb zehn noch Lust sich sportlich zu betätigen?
Ich selten, sehr zum Leidwesen für mein Inneres. Denn auch hier gilt, der Eindruck nach außen hin ist wichtig. Früher war ich ca. 2-3 mal die Woche joggen.
An meinen zukünftigen Mann :-): Lebe so mit mir wie ich bin, auch wenn ein tägliches Thema das Gewicht ist.
Und die Werbung lebt es einem vor, wie toll ich als Mutter aussehen kann bzw. sollte.
Also schnell ein paar Übungen für den Bauch, eher eine Geste an meinen inneren Schweinehund, sieh lieber Schweinehund, ich habe etwas getan.
Wann ich das letzte Mal ein Buch gelesen habe weiß ich nicht mehr, ich war früher eine Leseratte :-( .
So würde ich mir jetzt den Partner an meine Seite wünschen, und freue mich über jeden Schritt, den wir gemeinsam Richtung Zukunft planen.
Gegen Zehn schnell noch unser so lieb gewonnenes Ritual, telefonieren. Die Stimme zu hören, sich auszutauschen, sich lauter liebe Sachen zu sagen, hebt meine Stimmung und lässt mich dann doch zumindest im Herzen glücklich einschlafen.
So ziehe ich meine Kraft für den nächsten Tag aus meinem Kind und meiner so lieb gewonnen Telefonstimme.
Ein Wort noch zu unserem Sozialsystem: Cool!
Als alleinstehende Mutter oder auch Vater hat man den Anspruch Wohngeld und KITA-Förderung zu beantragen. Eine echt tolle Sache, wenn man arbeitslos ist.
Ist man in der glücklichen Lage eine Arbeit nachzuweisen, so wird eine lächerliche Summe an Wohngeld gezahlt, ich beziffere sie bei mir mal auf ca. 20,00 bis 45,00 EUR, so soll ja nicht jeder wissen, was ich erhalte.
Auf Nachfrage meinerseits ob dies ein Scherz sein sollte, erhielt ich als Antwort. "Seien sie froh das sie Arbeit haben und überhaupt etwas bekommen."
„Hat mal jemand durch gerechnet was am Ende des Monats nach Abzug aller Kosten übrig bleibt?“ fragte ich die Stimme am anderen Ende total gereizt.
Ja, die arme Frau kann ja auch nichts für unsere Gesetze.
Die KITA-Förderung hat mir das Leben, nach erfolgreicher Beantragung vor zwei Jahren, etwas leichter gemacht.
Doch nun kommt unsere Regierung, alle Eltern bzw. für jedes Kind gibt es einen Erhöhung des Kindergeldes um 10,00 EURO und eine einmalige Zahlung in Höhe von 100,00 EURO.
Mensch dachte ich so: Cool.
Nach einer neuen Beantragung auf Weitergewährung des Wohngeldes erhielt ich dann den neuen Bescheid und musste entsetzt feststellen, ich erhalte weniger. Warum? Anruf! Antwort: gestiegenes Kindergeld.
Nach einer neuen Beantragung auf Weitergewährung der KITA-Förderung erhielt ich dann den neuen Bescheid und musste entsetzt feststellen ich erhalte weniger. Warum? Anruf! Antwort: gestiegenes Kindergeld.
Na, sagt mal, bin ich im verkehrten Film?
Ich erhalte etwas mehr Geld für mein Kind und bekomme dies gleich an zwei Stellen wieder abgezogen, so das ich, wenn ich alles zusammenrechne sogar noch draufzahle.
Hey, ich sollte mir davon was leisten können für mein Kind und nicht noch dafür bestraft werden das ich laut Berechnungstabelle unter die Sozialschwachen falle und das bei einer 40h Woche mit einer täglichen Fahrzeit von einer Stunde, um dann einen unterbezahlten Job anzutreten, diesen aufgrund des Personalmangels im Schichtdienst als alleinstehend Mutter erfülle und die Vorgabe erhalte fehlerfrei zu arbeiten.
Wo sind wir hier gelandet in Deutschland?
Am Ende des Tages stehen wieder viele Fragezeichen.
Ich stelle fest: Gedanken und Gefühle erfassen, reifen lassen und manchmal in Anbetracht der tollen Managergehalte feststellen, irgendetwas habe ich falsch gemacht, irgendetwas läuft schief in meinem Leben, mit ehrlicher Arbeit und korrekten Angaben bei den Ämtern kommt man eigentlich nicht weiter.
Oh ihr vielen Arbeitslosen, ja ich meine euch, die aufgrund von einem höherem Einkommen als ich durch Beantragung aller Sozialleistungen mit mehr Geld nach Hause gehen in der Tasche als ich durch meine Arbeit, ihr habt es richtig gemacht.
Doch ich bin anders!
Ich bin am Ende des Tages innerlich erfüllt wenn ich feststelle, Mensch Suse, heute hast du was geschafft, heute bist du über dich hinausgewachsen und hast nebenbei deinen Job als Mutter auch noch ganz gut erfüllt.
Das Kind scheint wohlerzogen, der Satz: Ich hab dich sehr lieb, verbunden mit einem Kuss und in Arm nehmen erfüllt mich innerlich mit Freude, so das ich denke, nein verkehrt hast du eigentlich nichts gemacht, so ist eben das LEBEN, das ist das LEBEN.
27. März 2009
wow... die bandbreite dieses
wow...
die bandbreite dieses themas ist leider so kompakt das man jetzt noch nicht mal schreiben kann ja ist richtig oder nee ist falsch...
ich bin selbst alleinerziehend mit 3 zwergen habe 3 jobs und frage mich auch ständig was ich denen antue zumal wir uns manchmal auch nur zwischen einem guten morgen mama...und einem gute nacht schlaf schön bewegen... und über krankheitsfälle denke ich schon gar nicht mehr nach..
was ich eigentlich sagen möchte... du bist nicht allein... und ich empfinde diesen staat auch als sowas von unsozial, nur wird es für dich und mich und für ganz viele andere unserer "ART" wohl so schnell keine lösung geben.... vor allem keine die einem unbeschwertem fröhlichen kind gerecht werden könnte...