23
Aug
2007
AlexZ
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Radurlaub

3Radler

Urlaub auf dem Fahrradsattel fanden wir in diesem Jahr eine hervorragende Idee, mal ein Abenteuer zu erleben. Wir wollten entlang der Ostsee radeln. Möglichkeiten gibt es da ja viele, ne Menge Länder haben eine Ostseeküste. Wir entschieden uns für die polnische Ostseeküste. Nicht zuletzt aus dem Grunde, um unseren östlichen Nachbarn kennezulernen, vielleicht auch deswegen, um uns unsere Vorteile den Polen gegenüber und deren Vorurteile uns gegenüber zu bestätigen bzw. zu widerlegen.

Günstig war die gewählte Route auch aus dem Grund, dass man in Deutschland einfach nur gen Osten losradeln brauchte, als ein besonders günstiger Startpunkt erschien uns die Insel Usedom.

Außerdem existieren bereits literarische Abhandlungen diverser Radpioniere, die mögliche Strecken bereits vor uns auf Fahrradtauglichkeit getestet haben. Jedoch merkt man, das auch in Polen die Zeit nicht stehen bleibt, und so sind bereits erschienene Reiseführer teilweise nicht mehr aktuell, das eine oder ander Update wäre erforderlich. Zum Beispiel beriet uns Herbert Lindenberg in "Masuren per Rad" [irreführender Titel, es geht eigentlich um Streckenvorschläge für das nördliche Drittel Polens]

Einen kleinen Teil zum Update könnten wir mittlerweile beitragen, so wir literarsiche Ambitionen besäßen.

Eins gleich vorneweg: beim polnischen Nachbarn ca. 400 km zu radeln stellte sich gefühlsmäßig als sicherer heraus als die 20 km auf deutscher Seite, um gleich mal auf diverse ernste oder unernste Ratschläge bezüglich des wohl am häufigsten genannten Vorurteils gegenüber Polen zu antworten. Das einzige, was uns dor abhanden gekommen ist, sind ein paar hundert Gramm Fett am Körper.

Warnen möchte ich auch gleich mal die eventuellen nachahmer, sich zu sehr auf auf Kartenmaterial zu verlassen. Es kann nämlich durchaus vorkommen, das es eingezeichnete Straßen (so) gar nicht gibt oder das eine befestigte Landstraße sich letztendlich doch als schnöder und schwer zu befahrender Sandweg entpuppt.

Lustige Scherze auf Kosten fehlender Deutschkenntnisse vieler Einheimischer dort können auch mal daneben gehen, wenn doch jemand die Sprache halbwegs beherrscht. So kann aus einem dankbar gehauchten "Moppelchen" anstatt "Danke" (" dzi?kuj?") gegenüber einer fülligeren Imbiss-Fachkraft schnell mal eine Erklärung wie "'Moppelchen' is the cute form of 'Danke'" nachsichziehen. War ja auch nicht böse gemeint.

Touristenabzocke durften wir auch kennenlernen. Zum Beispiel ein nur halbgefüllter Kebap für uns, ein praller Kebap für die Einheimischen, bei gleichem Preis. Überhaupt waren in manchen Märkten Sachen plötzlich billiger, wenn man nochmal ungläubig nachgefragt hatte.

Probleme mit dem Müll haben die polnischen Nachbarn nicht. Sie ignorieren ihn scheinbar (wenn er auf Raststätten schon fast die Zufahrt versperrt) und sie trennen ihn auch (Hälfte in Wald, Hälfte an Strand). Naja, war jetzt derb. Aber als wir ein Dorf durchquerten, das total sauber und müllfrei aussah, fühlten wir uns schon relativ unwohl. Das kann aber auch daran gelegen haben, das sämtliche auf der Straße befindlichen Dörfler ihre Tätigkeiten einstellten und uns ansahen, wenn wir vorbeifuhren.

Dagegen wirkten polnische Ostseebäder wie Rummelplätze: immer und überall Automatenuntehalter, Kettcars zum ausleihen, Menschenmassen und Zuckerwatte. Auf einem eher ruhigen Zeltplatz sprach uns sogar mal ein Camper an, ob wir nicht ruhigere Plätze zum Zelten kennen würden, es wäre ihm hier zu hektisch, voll und laut. Ey Mann, das war der mit Abstand ruhigste Platz, den wir bis dahin gefunden hatten. Wahrscheinlich waren wir stressresistenter.

Vielleicht noch ein Wort zum Radfahren auf polnischen Straßen. Bitte erwarte nicht, dass hier Rücksicht genommen wird. In Polen hat man kein Problem mit den Radfahrern, man scheint sie schlichtweg nicht wahr zu nehmen. So kann es schonmal vorkommen, dass man Lackkontakt mit vorbeiziehenden Pkws bekommt, oder man hechtet vorsorglich in den Graben (dann würde man aber kaum vorwärts kommen, weil man ja nur im Straßemngraben die Zeit verbringt). Ok, ganz so schlimm wars nicht, aber zwischen mir und einem Platz im Krankenwagen waren manchmal nur wenige Millimeter. Insofern freut man sich auch auf schlechte Waldwege, große Pfützen oder Modder.

Man fährt ja schließlich mit dem Rad, um der Natur nahe zu sein, oder?

 Nachtrag: Hier gibt es einige Bilder zur Polenfahrradreise.